Beschreibung
Der „Wandsbecker Bothe“ erschien viermal pro Woche im Quartformat in einer Auflage von 400 Exemplaren. Die von dem Kopenhagener Grafiker Johann Martin Preißler gestaltete Titelvignette zeigte eine Eule, einen Dudelsack spielenden Putto sowie vier Frösche.
Die ersten drei „Politischen Seiten“ enthielten Nachrichten aus den Bereichen internationale Politik, Krieg und Proteste, Wirtschaft und Handel sowie Adelshöfe.
Im einseitigen unterhaltenden Teil mit der Überschrift „Gelehrte Sachen“ bzw. später „Poetischer Winkel“ fanden sich Gedichte, Glossen, Anekdoten, Theaterkritiken, Buchrezensionen sowie fiktive Dialoge und Briefwechsel, die teils in satirischer Form Stellung zu aktuellen oder moralischen Themen nahmen und stets anonym erschienen.
Hierzu lieferten neben Matthias Claudius als Redakteur u. a. Johann Gottfried Herder, Friedrich Gottlieb Klopstock, Gotthold Ephraim Lessing, Johann Wolfgang von Goethe sowie Mitglieder des Göttinger Hainbunds um Christian zu Stolberg Stolberg und Johann Heinrich Voß unregelmäßig Beiträge.
Der noch relativ unbekannte Claudius verfasste seine Texte oft aus der Perspektive des Boten Asmus; weitere fiktive Charaktere waren dessen Vetter Andres, der Schulmeister, Barbier, Pastor und Wirt und die Mutter. Indem diese Figuren einfache Leute aus dem Volk oder Autoritätspersonen repräsentierten, konnten die Texte gesellschaftliche und politische Entwicklungen kommentieren und kritisieren. Auch der als neutraler Übermittler auftretende Bote erlaubte sich Anmerkungen oder schwieg mittels typischer Gedankenstriche bedeutungsvoll und umging somit eine Zensur.
Ebenso wie die aus Großbritannien stammenden „Moralischen Wochenschriften“, an die sich der „Wandsbecker Bothe“ durch die stellvertreterartigen Diskussionen anlehnte, vertrat die Zeitung aufklärerische Ideen. Bei der Gegenüberstellung traditioneller und vermeintlich naiv-einfältiger Auffassungen wurde Letzteren mit ihrer subjektiven Erfahrung und Natürlichkeit ein eigener Wert zuerkannt.
Aufgrund des anspruchsvollen Stils, fremdsprachlicher Textpassagen, dem Einsatz von Ironie und diversen Anspielungen, die kulturelles und politisches Wissen voraussetzten, war die Zielgruppe eher ein gebildetes Publikum.