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Heinrich Carl von Schimmelmann

Heinrich Carl von Schimmelmann war als Unternehmer, Sklavenhalter und dänischer Staatsfunktionär einer der vermögendsten Männer seiner Zeit in Europa.

Ausbildung

Heinrich Carl von Schimmelmann begann eine Kaufmannslehre bei einem Seidenwarenhändler in Stettin, die er jedoch abbrach.

Lebenslauf

Heinrich Carl von Schimmelmann stammte aus einer bürgerlichen Familie in Demmin (Pommern), wo sein Vater als Ratsherr und Kaufmann tätig war. Statt wie vorgesehen dessen Handelsgeschäft zu übernehmen, gründete er eine Spedition, die Waren zwischen Hamburg und Lübeck transportierte. Nach dem baldigen Konkurs zog er nach Dresden, erhielt dort 1745 als Kaufmann das Bürgerrecht und handelte mit Kolonialwaren wie Zucker, Kaffee und Tee. 1747 heiratete er Caroline Tugendreich von Friedeborn, aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor. 1754 pachtete er zusammen mit einem Kompagnon die Generalkonsumptionsakzise auf Kaffee, Tabak, Wein und Branntwein in Kursachsen.

Zu Beginn des 2. Schlesischen Kriegs 1745 und erneut im Siebenjährigen Krieg 1756 war Schimmelmann preußischer Heereslieferant. 1758 zog er nach Hamburg, wo er den Grundstock für sein späteres Vermögen durch den Verkauf von Meißner Porzellan legte, das Friedrich II. von Preußen im Krieg konfisziert und ihm für seine Dienste zu einem günstigen Preis überlassen hatte. Außerdem betätigte er sich gewinnbringend im Handel mit Münzsilber und kaufte ein Stadtpalais mit Kontor in der Nähe der Hauptkirche St. Michaelis.

1759 erwarb Schimmelmann das Adlige Gut Ahrensburg, wo er aufklärerische Reformen einführte, den Park anlegte und das Dorf Woldenhorn abreißen und neu erbauen ließ. Er betrieb dort eine Kornbrennerei, eine Stärkefabrik, eine Brauerei, eine Korn- und eine Sägemühle. Außerdem kaufte er die Güter Lindenborg im dänischen Nordjütland (1761) und Wandsbek (1762), wo er 1776 ein Waisenhaus mit Kattunfabrik gründete. Dort ließ er zudem ein neues Herrenhaus mit Park errichten, erweiterte den bereits bestehenden Fabrikort und gründete die Zeitung „Wandsbeker Bothe“, deren Redaktion Matthias Claudius übernahm.

Ab 1761 verlagerte Schimmelmann auf Anregung des dänischen Außenministers Hartwig Ernst von Bernstorff den Mittelpunkt seiner geschäftlichen Aktivitäten nach Kopenhagen und beriet Friedrich V. von Dänemark in finanziellen Angelegenheiten. Er sanierte die Staatsfinanzen durch Kredite, Zwangsanleihen, Einführung einer Kopfsteuer und den Verkauf der Domänen. Außerdem setzte er sich erfolgreich für Agrarreformen und den Eiderkanal als Verbindung zwischen Nord- und Ostsee ein, der 1776-1784 gebaut wurde. Er vermittelte den Gottorfer Vergleich (1768), in dem Dänemark nach jahrhundertelangen Auseinandersetzungen Hamburg gegen hohe Zahlungen als freie Reichsstadt anerkannte. Im selben Jahr ernannte ihn der dänische König zum Schatzmeister.

Schimmelmann vergrößerte sein Vermögen durch die Verbindung privater und staatlicher Interessen erheblich. Neben dem Amt als Schatzmeister und der Mitgliedschaft in zahlreichen wirtschafts- und finanzpolitischen Kommissionen agierte er weiterhin als Großunternehmer, Großaktionär und Direktor der staatlich privilegierten Handelsgesellschaften.

Beim Verkauf der Domänen sicherte er sich 1763 die vier königlichen Zuckerrohrplantagen samt Sklavenarbeitern auf den Karibikinseln St. Croix, St. Thomas und St. Jan in der Kolonie Dänisch-Westindien. Außerdem kaufte er die größte Zuckerraffinerie Nordeuropas in Kopenhagen. 1768 übernahm er eine Gewehrfabrik in Hellebek.

Mit Waffen, Branntwein und Stoffen aus seinen Fabriken kaufte er in Westafrika Sklaven, die anschließend auf seinen Zuckerrohrplantagen in Dänisch-Westindien eingesetzt wurden, während seine Schiffe den Rohzucker nach Kopenhagen transportierten. Zu Schimmelmanns geschlossenem Wirtschaftssystem gehörte auch die Nahrungsmittelproduktion auf seinen Gütern für die Versorgung seiner Fabrikarbeiter sowie der rund 1000 Sklaven in der Karibik.

Schimmelmann profitierte zusätzlich als Großaktionär weiterer dänischer Überseehandelskompanien und als deren Handelspartner vom atlantischen Dreieckshandel, etwa in der Dänisch-Guineischen Kompanie und als einer der Direktoren und Aktionäre der halbstaatlichen Westindischen Handelsgesellschaft, die im Sklavenhandel aktiv waren.

Seine ökonomischen und politischen Aktivitäten führten auch zu sozialer Anerkennung. 1762 erhob ihn der dänische König zum Baron, 1779 zum Lehnsgrafen. Es gelang Schimmelmann darüber hinaus, seine gesellschaftliche Stellung durch Verheiratung seiner Kinder mit Angehörigen des deutschen Adelskreises im dänischen Gesamtstaat zu festigen.

Die geschäftlichen Unternehmungen wurden nach seinem Tod als Familienfideikommiss weitergeführt, das sein Sohn Heinrich Ernst von Schimmelmann leitete.

Bedeutung

Heinrich Carl von Schimmelmann stieg durch seine erfolgreichen wirtschaftlichen Unternehmungen zu einem der reichsten Männer Nordeuropas auf. Sein Erfolg beruhte auf der aktiven Beteiligung am transatlantischen Dreieckshandel einschließlich des Sklavenhandels und der Sklavenhaltung auf seinen Plantagen in Dänisch-Westindien. Er gelangte aus bürgerlicher Herkunft in höchste gesellschaftliche Schichten und wurde als Berater des dänischen Königs sowie Mitglied zahlreicher Kommissionen zum einflussreichen Staatsfunktionär.

Ehrungen und Preise

Heinrich Carl von Schimmelmann wurde 1762 vom dänischen König zum Ritter des Danebrogordens, 1773 zum Ritter des Elefantenordens erhoben.

Eine 2006 in Wandsbek öffentlich aufgestellte Schimmelmann-Büste wurde nach Protesten und Debatten über den zeitgemäßen Umgang mit dem kolonialen Erbe zwei Jahre später entfernt.

Besonderheiten

Die Erträge des Dreieckshandels samt Sklavenhandel und -arbeit finanzierten in erheblichem Maß die künstlerische und intellektuelle Adelskultur, die Schimmelmanns Töchter Julia von Reventlow und Caroline von Baudissin auf den Gütern Emkendorf und Knoop seit den 1770er-Jahren entfalteten.

Im Zeichen von Aufklärung und pietistischer Religiosität kam es nach Schimmelmanns Tod unter den Erben zu moralischen und ökonomischen Diskussionen über den Besitz von Sklaven, die schließlich zu Ernst von Schimmelmanns Initiative für das 1792 erlassene Verbot des dänischen Sklavenhandels beitrugen. Allerdings wurde in einer Übergangsphase bis 1803 die Zahl der Sklaven in den Schimmelmann’schen Plantagen noch so weit erhöht, dass die Fortsetzung des Zuckerrohranbaus durch eine Steigerung der Geburtenrate gewährleistet blieb.

Persönlichkeiten

Heinrich Ernst von Schimmelmann GND: 117271101
Julia von Reventlow GND: 116457317
Caroline Adelheid von Baudissin GND: 116083387
Friedrich V. von Dänemark GND: 11954931X
Matthias Claudius GND: 118521098

Links

Wikipediaartikel „Heinrich Carl von Schimmelmann“: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Carl_von_Schimmelmann (Zugriff am 07.11.2023)

Eintrag in Deutsche Biographie: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118917323.html (Zugriff am 07.11.2023)

Eintrag in ADB: https://de.wikisource.org/wiki/ADB:Schimmelmann,_Heinrich_Carl_Graf_von (Zugriff am 07.11.2023)

Eintrag im Dansk Biografisk Leksikon: http://runeberg.org/dbl/15/0124.html (Zugriff am 07.11.2023)

Familienname

Schimmelmann (1762 Baron, 1779 Lehnsgraf von)

vollständige Vornamen

Heinrich Carl

Geburtsdatum

13.07.1724

Geburtsort

Demmin

Sterbedatum

15.02.1782

Sterbeort

Kopenhagen

Begräbnisort

Geschlecht

männlich

Religion

evangelisch

Berufe

Kaufmann, Guts-, Plantagen- und Fabrikbesitzer

Funktionen, Rang

sächsischer Akziserat, preußischer Geheimrat, dänischer Generalkommerzintendant, dänischer Schatzmeister

Ehe-/Lebenspartner

Caroline Tugendreich Schimmelmann, geb. Friedeborn (1730–1795)

Kinder

fünf Söhne und zwei Töchter

Eltern

Diedrich Jacob Schimmelmann (1683–1743); Esther Elisabeth Schimmelmann, geb. Ludendorf (1684–1752)

Strukturansicht

Literatur

  • Degn, Christian : Die Schimmelmanns im atlantischen Dreieckshandel. Gewinn und Gewissen. Neumünster, Wachholtz 1974, GVK: 1603182985
  • Degn, Christian : Schimmelmann, Heinrich Carl. Neumünster, Wachholtz 1985, In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck Bd. 7, GVK: 666589909
  • Behrens, Angela : Vom Kaufmann und Sklavenhalter zum dänischen Lehnsgrafen. Heinrich Carl Schimmelmann als Ahrensburger Gutsherr. Köln, Weimar, Wien, Böhlau 2008, In: Adel und Umwelt. Horizonte adeliger Existenz in der Frühen Neuzeit. Hg. von Heike Düselder, Olga Weckenbrock und Siegrid Westphal, S. 261–286, GVK: 557237580
  • Krieger, Martin : Heinrich Carl von Schimmelmann. Frankfurt, New York, Campus 2013, In: Kein Platz an der Sonne. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte. Hg. von Jürgen Zimmerer, S. 311–322, GVK: 747719608
  • Lage, Julian zur : Heinrich Carl von Schimmelmann. Transatlantischer Kolonialunternehmer und Symbolfigur des Versklavungshandels. Göttingen, Wallstein 2021, In: Kim Sebastian Todzi und Jürgen Zimmerer (Hg.): Hamburg. Tor zur kolonialen Welt. Erinnerungsorte der (post-)kolonialen Globalisierung. (Hamburger Beiträge zur Geschichte der kolonialen Globalisierung 1), S. 503–516, GVK: 175735607X

Weitere Literatur