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Christian zu Stolberg Stolberg

Der Dichter und Übersetzer Christian zu Stolberg Stolberg war 1777–1800 Amtmann in Tremsbüttel, wo er zusammen mit seiner Frau Luise entscheidende bauliche Veränderungen vornahm und das Gut zu einem kulturellen Mittelpunkt in Schleswig-Holstein entwickelte.

Ausbildung

Christian zu Stolberg Stolberg wurde pietistisch erzogen und von französischen und deutschen Hofmeistern unterrichtet. 1770 studierte er zunächst in Halle und ab 1772 in Göttingen die Rechte, u. a. bei Johann Stephan Pütter. Außerdem lernte er Griechisch und besuchte Vorlesungen des Altphilologen Christian Gottlob Heyne. Er verließ die Universität 1773 ohne Abschluss.

Beruflicher Werdegang

1777-1800 hatte Christian zu Stolberg Stolberg im Amt Tremsbüttel die Position des Amtmanns inne.

Lebenslauf

Christian zu Stolberg Stolbergs Lebensweg war bis zu seiner Heirat eng mit seinem Bruder Friedrich Leopold verbunden, dem späteren Schriftsteller, Diplomaten und Verwaltungsbeamten. Beide wuchsen zunächst in Bramstedt, ab 1755 in und bei Kopenhagen auf, wo ihr Vater Christian Günther Oberhofmeister der dänischen Königinwitwe war. Die Familie gehörte zum Kreis um den Minister Hartwig Ernst von Bernstorff. Großen Einfluss auf die Brüder Stolberg übte der Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock aus. Pietistische Anschauungen vermittelten ihnen auch die Versammlungen der Herrnhuter Brüdergemeine.

Christian begann früh, Gedichte zu schreiben und wurde 1772 zusammen mit seinem Bruder in den Göttinger Hain aufgenommen, einen Dichterbund um Heinrich Christian Boie und Johann Heinrich Voß. Sein erstes Gedicht erschien im Göttinger Musenalmanach von 1774. Ab Herbst 1773 lebten die Brüder in Kopenhagen zeitweise im Haus ihres Schwagers, des dänischen Außenministers Andres Peter von Bernstorff. Im Mai 1775 reisten sie mit dem Studienfreund Heinrich Christian Kurt von Haugwitz, der 1792 preußischer Außenminister wurde, und Johann Wolfgang Goethe in die Schweiz, wo sie bis zum November des Jahres blieben.

Finanziell befand sich Christian in einer schwierigen Lage. Sein Vater war als zweitgeborener Sohn von der Mitregentschaft der Reichsgrafschaft Stolberg im Harz durch eine nur selten ausgezahlte Apanage abgefunden worden. Christian selbst hatte zwar Gut Rungstedt bei Kopenhagen geerbt, musste den Besitz aber wegen der damit verbundenen hohen Unterhaltungskosten verkaufen und war gezwungen, in den Staatsdienst einzutreten. Andreas Peter von Bernstorff, der als leitender Minister großen Einfluss auf die Besetzung von Verwaltungsstellen mit Angehörigen des deutschen Adelskreises nahm, verschaffte ihm die Amtmannstelle in Tremsbüttel.

Im Juni 1777 heiratete Christian Luise von Gramm. Mit ihr zusammen ließ er das Herrenhaus Tremsbüttel neu erbauen und den Park des Gutes Tremsbüttel als englischen Landschaftsgarten anlegen. Das Ehepaar pflegte enge Verbindungen zum Kreis von Emkendorf, nach Eutin zu Friedrich Leopold zu Stolberg und Johann Heinrich Voß sowie zu den intellektuellen Kreisen in Hamburg. Tremsbüttel zog immer wieder prominente Besucher an, etwa Klopstock, Johann Caspar Lavater und Wilhelm vom Humboldt.

Christian begrüßte zunächst die Französische Revolution, entwickelte sich aber bald zu einem Gegner des Umsturzes. In Tremsbüttel beherbergte er französische Emigranten, so 1797-1800 General Matthieu Dumas, bis dieser von Napoleon Bonaparte als Generalstabschef der Reservearmee berufen wurde, und Jean Étienne Marie Portalis, den späteren Kultusminister und Mitverfasser des Code Napoléon.

1800 gab Christian die Amtmannstelle auf und zog mit seiner Frau nach Gut Windeby bei Eckernförde, das er im Jahr zuvor gekauft hatte. Weil er Gut Tremsbüttel 1802 nur für ein Drittel des Preises von Windeby verkaufen konnte, geriet er erneut in finanzielle Schwierigkeiten. Die letzten beiden Jahrzehnte seines Lebens verbrachte er sehr zurückgezogen.

Werk/Aktivitäten

Christian zu Stolberg Stolberg schrieb rund 50 Gedichte, eine Ballade und zwei Schauspiele mit Chören. Außerdem übersetzte er lateinische und v. a. griechische Autoren, namentlich Homer, Anakreon und Sophokles, und verfasste eine Kurzbiografie seines Bruders.

Bedeutung

Christian zu Stolberg Stolberg gehörte zu dem deutschen Adelskreis, der im letzten Drittel des 18. Jh. Kultur und Politik im dänischen Gesamtstaat dominierte. Als Dichter zwar weniger originell als sein Bruder Friedrich Leopold, prägte er mit seinen Übersetzungen und antikisierenden Dramen gleichwohl die Entwicklungsgeschichte des Neuhumanismus in Deutschland mit.

Ehrungen und Preise

1815: Ehrendoktorwürde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Persönlichkeiten

Friedrich Leopold zu Stolberg Stolberg GND: 118755552

Friedrich Gottlieb Klopstock GND: 118563386

Andreas Peter von Bernstorff GND: 116147644

Johann Wolfgang von Goethe GND: 118540238

Heinrich Christian Kurt von Haugwitz GND: 116527080

Johann Heinrich Voß GND: 118627910

Matthieu Dumas GND: 116244658

Links

Eintrag in Deutsche Biographie: https://www.deutsche-biographie.de/artikelADB_pnd118755544.html (Zugriff am 26.09.2022)

Artikel in Schleswig-Holsteinisches Biographisches Lexikon https://files.wachholtz-verlag.de/openaccess/9783529025624.pdf, Bl. 2550–2551 (Zugriff am 26.09.2022)

Eintrag im Dansk Biografisk Leksikon: https://biografiskleksikon.lex.dk/Christian_Stolberg (Zugriff am 26.09.2022)

Wikipediartikel "Christian zu Stolberg-Stolberg": https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_zu_Stolberg-Stolberg (Zugriff am 26.09.2022)

Familienname

zu Stolberg Stolberg

alternative Schreibweisen Familienname

zu Stolberg-Stolberg; zu Stolberg

vollständige Vornamen

Christian

Geburtsdatum

15.10.1748

Geburtsort

Hamburg

Sterbedatum

18.01.1821

Sterbeort

Windeby (Kreis Rendsburg-Eckernförde)

Begräbnisort

Friedhof der Kirche von Horslunde (Lolland, Dänemark)

Geschlecht

männlich

Religion

evangelisch

Berufe

Schriftsteller, Verwaltungsbeamter

Funktionen, Rang

Dänischer Kammerjunker (1776), dänischer Kammerherr (1800), Rat am Landgericht Schleswig (1806), dänischer Geheimer Konferenzrat (1808)

Ehe-/Lebenspartner

Friederike Luise zu Stolberg Stolberg, geb. von Reventlow, verwitwete von Gramm (1746–1824)

Eltern

Christian Günther zu Stolberg Stolberg (1714–1765), Christiane zu Stolberg Stolberg, geb. zu Castell-Remlingen (1722–1773)

Strukturansicht

Weitergehende Informationen (Extern)

Christian zu Stolberg Stolberg

Quelle: Wikimedia Commons

Literatur von der Person

  • Stolberg, Christian und Friedrich Leopold zu : Gesammelte Werke. 20 Bde. Hamburg, Perthes und Besser 1820, GVK: 134339916
  • Stolberg, Christian zu : Kurzer Lebensumriß des Grafen Friedrich Leopold zu Stolberg. Leipzig, Brockhaus 1821, GVK: 066573580
  • Behrens, Jürgen (Hg.) : Briefwechsel zwischen Klopstock und den Grafen Christian und Friedrich Leopold zu Stolberg. Neumünster, Wachholtz 1964, GVK: 177322365
  • Bobé, Louis (Hg.) : Grevinde Louise Stolbergs Breve i udvalg samt Breve fra Greverne Christian og Frederik Leopold Stolberg (= Bobé, Louis (Hg.): Efterladte Papirer fra den Reventlowske Familiekreds i tidsrummet 1770–1827. Bd. 3). Kjøbenhavn, Lehmann & Stage 1896, GVK: 270895442

Literatur

  • Mix, York-Gothart : Stolberg Stolberg, Christian Graf zu. In: Literatur Lexikon. Hg. v. Walther Killy. Bd. 11. Gütersloh [u. a.], Bertelsmann 1991, S. 216–218, GVK: 03085993X
  • Rösner, Dagmar : Das adelige Gut Tremsbüttel. Baugeschichte und Baugestalt. Kiel, Magisterarbeit 1990, GVK: 043118321
  • Paatsch, Walter : Das Amt Tremsbüttel und die gräfliche Familie zu Stolberg. Mosaikbild einer ländlichen Vergangenheit. 2 Teile. In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn 7 (1989), S. 126–143; 8 (1990), S. 60–89, GVK: 1005060932
  • Brandt, Otto : Geistesleben und Politik in Schleswig-Holstein um die Wende des 18. Jahrhunderts. Stuttgart [u. a.], Dt. Verl.-Anstalt 1927, GVK: 020673787

Weitere Literatur