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Rathaus Ahrensburg

Das 1970 eingeweihte Rathaus Ahrensburg ist ein typischer Verwaltungsbau der Nachkriegsmoderne.

Relief "Vier Lebensalter" von Ferdinand Mathiszig, 1970

Außenarchitektur

Das Gebäude ist ein vielgliedriger, höhengestaffelter Baukörper mit vor- und rückspringenden Bauteilen. An der Nordseite ragt ein siebengeschossiger Turm aus dunkel gefasstem Sichtbeton empor, der als Erschließungskern dient. Die Fassaden bestehen aus dunklen, horizontal durchgehenden Fensterflächen sowie Waschbetonplatten, in die weiße, italienische Kiesel eingelassen sind.

An der Balkonbrüstung der Räume für Bürgermeister und Magistrat über dem Rathauseingang findet sich das 16 m lange Betonrelief „Vier Lebensalter“ des Bildhauers Ferdinand Mathiszig. Seit 1983 steht vor dem Eingang die Bronzeplastik „Kämpfende Vögel“ von Pierre Schumann sowie links davon zurückgesetzt seit 2009 die Marmorskulptur "Nuestra Herencia" (Unser Erbe) von Jesús López Ramírez. Diese war ein Geschenk der Partnerstadt Esplugues de Llobregat (Spanien). Die bronzenen Griffe der Eingangstüren, ausgeführt durch den Bildhauer Jürgen Block, tragen das Stadtwappen.

Dem Bau vorgelagert ist ein um etwa 70 cm erhöhter, von Karl Plomin entworfener Platz mit Freitreppe, Wasserbecken und Pflanzkästen. Im Norden befindet sich seit 1986 anstelle eines ursprünglich geplanten Anbaus für einen Ratssaal die vom gleichen Architekten Karl-Heinz Scheuermann errichtete Stadtbibliothek.

Kronleuchter von Wolfgang Tümpel im Foyer

Innenarchitektur

Der Entwurf sah rund 70 Büroräume, fünf Sitzungszimmer und eine Kantine vor. Da nur die Wände im Bürgermeistertrakt starr erbaut sind und alle weiteren Wände sich als montierbare Systemteile flexibel versetzen lassen, sind somit die Raumanzahl und -größe veränderbar. Für die einzelnen Geschosse liegt im Sinne eines Farbleitsystems jeweils eine eigene Farbgebung in Rot, Orange, Gelb, Grün bzw. Blau vor.

Im Erdgeschoss sind Dienststellen mit starkem Publikumsverkehr untergebracht. Im ersten Obergeschoss liegen u. a. die Zimmer für den Magistrat und den Bürgermeister. Zu deren Originalausstattung gehören teils erhaltene Pendelleuchten von Arne Jacobsen sowie mit Palisanderholzfurnieren ausgestattete Tische, Türen und Wände.

Das zweigeschossige Foyer besitzt eine umlaufende Galerie. Blickfang und Lichtskulptur ist ein zylindrischer Kristallleuchter von Wolfgang Tümpel. Als Fußbodenbelag wurden im Erdgeschoss Marmorplatten verlegt, in den Bürgermeisterräumen Teppiche, in den übrigen Räumen PVC.

Materialien

Das Gebäude ist ein Stahlbeton-Skelettbau mit Fertigteil-Fassadenplatten und Teakholzfenstern.

Geschichte

1959 stellte der damalige Bürgermeister Kurt Fischer Ideen für einen Rathausneubau vor, da die Verwaltungsabteilungen seit Jahrzehnten in verschiedenen, teils angemieteten Gebäuden untergebracht waren.

Der neue Standort sollte die barocke Ortsanlage und die historische Nord-Süd-Achse vom Schloss zum Rondeel mit der anschließenden Hagener Allee nicht beeinträchtigen. Die Bebauung eines stadteigenen Grundstücks an der Großen Straße oder ein Neubau auf der früheren Reitbahn wurden zugunsten der Bebauung des Sportplatzes Stormarnplatz verworfen. Die Planungen verzögerten sich, da der 1961 erstmals in der Stadtverordnetenversammlung verhandelte Bebauungsplan umstritten war. Die Standortwahl sowie die zeitgleiche Anlage des Rathaus- und Marktplatzes mit seiner mehrgeschossigen Randbebauung zogen die Verlegung des Sportplatzes sowie einen veränderten Verlauf einiger Straßen nach sich.

Aus dem von der Stadt initiierten beschränkten Wettbewerbsverfahren ging Karl-Heinz Scheuermann 1967 als Sieger hervor. Ein entgegen städtischer Vorgaben vorgeschlagener Uhrturm wurde beibehalten, geplante Faltdächer dagegen nicht. Die Einweihung erfolgte am 13.11.1970 unter Bürgermeister Manfred Samusch. Die Baukosten betrugen 5,8 Millionen DM.

Im Herbst 2019 begann eine auf drei bis fünf Jahre angelegte Sanierung, um Brandschutz- sowie Energie-Effizienz-Maßnahmen durchzuführen. Ab Anfang 2020 erfolgten die Planungen für einen dreigeschossigen Erweiterungsbau im Süden, die Anlage einer Tiefgarage unter dem Stormarnplatz hinter dem Rathaus sowie eine Grünanlage auf dem Garagendach.

Bedeutung

Das Rathaus der noch jungen Stadt Ahrensburg war Ausdruck ihres schnellen Wachstums insbesondere durch den Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg sowie einer sich rasch vollziehenden Urbanisierung. Als Symbol der Modernität entworfen, sollte es einen neuen städtischen Mittelpunkt und einen Gegenpol zur eher dörflich geprägten Achse zwischen Alter Markt und Rondeel bilden.

Die Rathausarchitektur war aufgrund ihrer modernen Bauform bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung bei den Einwohnern umstritten. Als 2012 eine Debatte um Brandschutzmaßnahmen mit den Alternativen Sanierung oder Neubau entbrannte, wurde der Streit mit der Inaussichtstellung von Landesmitteln beendet und das Rathaus im Jahr 2014 unter Denkmalschutz gestellt.

Erhaltungszustand

Das Gebäude ist in allen Details weitgehend originalgetreu erhalten.

Persönlichkeiten

Karl-Heinz Scheuermann GND: 1072062119
Ferdinand Mathiszig GND: 174322712
Pierre Schumann GND: 119129523
Wolfgang Tümpel GND: 117434671
Karl Plomin GND: 1205199578
Jürgen Block GND: 1161099050
Manfred Samusch
Kurt Fischer

Datierung Schutzstellung

04.02.2014

Begründung Schutzstellung

Das Rathaus samt Tiefgaragenrampen, der unmittelbare Vorplatz sowie der Rathausplatz sind als bauliche Anlage aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen erhaltenswert.

14 400
Rathaus Ahrensburg business 53.6737250000 10.2358990000

Ort

Manfred-Samusch-Straße 5

22926 Ahrensburg

GPS-Standort

53° 40' 25'' N, 10° 14' 9'' O

Auftraggeber

Stadt Ahrensburg

Planer/Architekt

Karl-Heinz Scheuermann

Errichtungsdatum

1968-1970

Strukturansicht

Literatur

  • Krüger, Torsten : Ahrensburg Strassen schreiben Stadtgeschichte. Hamburg, Christians 1988, GVK: 160514614
  • Hansen, Astrid : Ahrensburg Ein Rathaus für die Stadt von Morgen - ein Plädoyer für das baukulturelle Erbe der 1970er Jahre. In: DenkMal!: Zeitschrift für Denkmalpflege in Schleswig-Holstein, Heide: Westholsteinische Verl.-Anst. Boyens, Band 21 (2014), S. 32-38, GVK: 797937218
  • Gisbertz, Olaf : Eine Agora für Ahrensburg Rathaus und Stadtplanung für eine 'neue Stadt'. In: In situ: Zeitschrift für Architekturgeschichte, Worms: Werner, Band 7, No. 1 (2015), S. 125-140, GVK: 1015730116
  • Fischer, Norbert : Die modellierte Region Stormarn und das Hamburger Umland vom Zweiten Weltkrieg bis 1980. Bad Oldesloe, Kulturstiftung der Sparkasse Stormarn 2000, GVK: 320758400
  • Zwischen Scheibe und Wabe Verwaltungsbauten der Sechzigerjahre als Denkmale. Petersberg, Imhof 2012, GVK: 717206432

Weitere Literatur