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Luise Zietz

Luise Zietz war eine bedeutende Akteurin der sozialdemokratischen Frauenbewegung und die erste Frau im SPD-Parteivorstand auf Reichsebene.

Ausbildung

Nach dem Besuch der Volksschule in Bargteheide und mehreren ungelernten beruflichen Tätigkeiten machte Luise Zietz im Hamburger Fröbel-Verein eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.

Beruflicher Werdegang

Luise Zietz arbeitete als Kind in der Heimweberei ihres Vaters mit. 1879 zog sie nach Hamburg, um dort zunächst bei Verwandten als Dienstmädchen zu arbeiten. Anschließend war sie als Kaffeeleserin und Fabrikarbeiterin in der Zigarettenproduktion tätig, bevor sie ihre Ausbildung zur Kindergärtnerin begann.

1897 nahm Zietz das erste Mal als Delegierte an einem sozialdemokratischen Parteitag in Hamburg teil. Bei der ersten SPD-Frauenkonferenz im September 1900 wurde Zietz Mitglied des Präsidiums, der darauffolgende Parteitag wählte sie, neben Emma Ihrer und Clara Zetkin, in die Kommission zur Durchführung des Organisationsstatuts der Partei. Im selben Jahr wurde sie zudem zur „Vertrauensperson der Genossinnen Hamburgs“ gewählt, um die Agitation von Frauen voranzutreiben. 1905 wurde Zietz Vorstandsmitglied der Hamburger SPD, bevor man sie 1908 als erste Frau auf Reichsebene in den Parteivorstand wählte. Dort war sie bis 1916 unter anderem als Beisitzerin für das Thema Frauenarbeit zuständig. Einer ihrer Förderer war August Bebel.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 unterstützte Zietz infolge ihres Amtes zunächst die vom SPD-Parteivorstand öffentlich propagierte Kriegshilfe und rief Genossinnen zudem zur Zusammenarbeit mit dem „Nationalen Frauendienst“ auf. Persönlich gehörte sie jedoch zur innerparteilichen Antikriegsopposition und unterschrieb im Juni 1915 den „Offenen Brief“ von Karl Liebknecht, der sich gegen die Burgfriedenspolitik der SPD-Führung richtete. Dies trug dazu bei, dass der Parteivorstand sie Ende 1916 ihres Amtes enthob.

Daraufhin gründete Zietz 1917 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschland (USPD) mit. Deren Zentralkomitee gehörte sie bis zu ihrem Tod an und betreute als Sekretärin erneut den Bereich Frauenarbeit. Für die USPD wurde Zietz 1919 in die Weimarer Nationalversammlung gewählt, sie vertrat die Partei anschließend bis zu ihrem Tod 1922 im Reichstag. Dort brachte sie sich als profilierte Rednerin auch in innen- und wirtschaftspolitische Debatten ein.

Lebenslauf

Luise Zietz, geboren unter dem Namen Louise, war das älteste von vier Kindern eines Tuchwebers. Am 04.05.1886 heiratete sie in Hamburg den Hafenarbeiter Carl Zietz, die Ehe hielt jedoch nur wenige Jahre und wurde am 13.12.1910 offiziell geschieden. Durch ihren Mann kam sie in Kontakt mit der Arbeiterbewegung und engagierte sich seit 1892 vor allem in der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Beim Hamburger Hafenarbeitsstreik von 1896/97 organisierte sie den Widerstand der Frauen und trat erstmals als Rednerin in der Öffentlichkeit auf. Ihr rhetorisches Talent machte örtliche Partei- und Gewerkschaftsorganisationen auf sie aufmerksam.

In den folgenden Jahren hielt sie trotz des bis 1908 geltenden Verbots für Frauen, an politischen Vereinigungen teilzunehmen, an verschiedenen Orten im deutschen Reich politische Reden. Spätestens seit der ersten SPD-Frauenkonferenz am 15.09.1900 gehörte Zietz zu den führenden Persönlichkeiten der sozialdemokratischen Frauenbewegung. Nach Verabschiedung des Reichsvereinsgesetzes 1908 wurde sie offiziell Mitglied der SPD, der sie inoffiziell bereits seit 1892 angehörte.

Vermutlich 1911 zog sie nach Berlin und starb dort 1922 nach einem Schwächeanfall während einer Reichstagsdebatte infolge längerer Krankheit. Ihr Grab befindet sich auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde, seit einer Umbettung 1951 an der dortigen Ringmauer der Gedenkstätte der Sozialisten.

Werk/Aktivitäten

Ein zentrales Ziel ihres politischen Wirkens stellte die Durchsetzung des Frauenwahlrechts dar. Zudem setzte sich Zietz unter anderem für bessere Arbeitsbedingungen für Frauen, insbesondere für Industriearbeiterinnen und Dienstmädchen, ein und versuchte mit ihrer Agitation, mehr Frauen für politisches Engagement zu gewinnen. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte spiegelten sich auch in ihren zahlreichen publizierten Schriften wider, darunter Handbücher zur politischen Schulung von Frauen sowie Broschüren zu spezifischen frauenpolitischen Themen. Ab 1897 pflegte sie zudem engeren Kontakt mit Clara Zetkin und Ottilie Baader, mit denen sie an der sozialdemokratischen Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“ arbeitete. Zudem schrieb Zietz regelmäßig für „Die Neue Zeit“.

Gemeinsam mit Zetkin und weiteren Akteurinnen der Frauenbewegung regte Zietz auf der 2. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz des Internationalen Sozialistenkongresses 1910 in Kopenhagen die Einführung des Internationalen Frauentags an. 1911 fand er erstmalig am 19. März statt, an seiner Organisation in Deutschland war Zietz maßgeblich beteiligt.

Bedeutung

Luise Zietz zählt zu den wichtigen Wegbereiterinnen des Frauenwahlrechts und bedeutsamen Akteurinnen der sozialdemokratischen Frauenbewegung in Deutschland, wenngleich ihre Aktivitäten zunehmend in Vergessenheit geraten sind.

Ehrenämter

Neben ihren beruflich bedingten Ehrenämtern war Luise Zietz 1898-1904 Vorstandsmitglied der Zahlstelle des „Verbandes der Fabrik-, Land- und gewerblichen Hilfsarbeiter“ in Hamburg-St. Georg.

Ehrungen und Preise

Nach Luise Zietz wurden Straßen in Bargteheide, Bad Oldesloe, Berlin und Zwickau (Sachsen) benannt. Anlässlich ihres 150. Geburtstags 2015 fanden in ihrem Geburtsort Bargteheide mehrere Gedenkveranstaltungen statt, unter anderem ein Festakt im Kleinen Theater und eine Ausstellung im Stadthaus. Der Verschönerungsverein Bargteheide e. V. initiierte in diesem Kontext eine Gedenktafel an Zietz‘ Geburtshaus, die ein Jahr später aufgestellt wurde.

Besonderheiten

Infolge ihres rhetorischen Talents galt Luise Zietz als populäre und erfolgreiche Agitatorin der SPD und wurde wegen dieser Fähigkeiten als „weiblicher Bebel“ bezeichnet.

Persönlichkeiten

Emma Ihrer GND: 123631041
Clara Zetkin GND: 118636618
August Bebel GND: 118507893
Karl Liebknecht GND: 11857275X
Ottilie Baader GND: 118505408

Links

Eintrag zu Zietz bei der SPD-Geschichtswerkstatt: https://www.spd-geschichtswerkstatt.de/wiki/Luise_Zietz (Zugriff am 04.02.2020)
Wikipedia-Eintrag zu Zietz: https://de.wikipedia.org/wiki/Luise_Zietz (Zugriff am 04.02.2020)

Familienname

Zietz, geb. Körner

vollständige Vornamen

Catharina Amalie Louise

Rufname

Luise

Geburtsdatum

25.03.1865

Geburtsort

Bargteheide

Sterbedatum

27.01.1922

Sterbeort

Berlin

Begräbnisort

Berlin

Geschlecht

weiblich

Religion

evangelisch

Berufe

Kindergärtnerin, Politikerin, Publizistin

Funktionen, Rang

Abgeordnete der Weimarer Nationalversammlung (1919/20), Abgeordnete des Reichstags (1920-1922)

Ehe-/Lebenspartner

Carl Christian Zietz (1859-1934)

Eltern

Claus Eggert Wilhelm Körner, Anna Catharina Körner, geb. Heinitz

Strukturansicht

Literatur von der Person

  • Zietz, Luise : Gewinnung und Schulung der Frau für die politische Betätigung. Berlin, Vorwärts 1914, GVK: 410634239
  • Zietz, Luise : Zur Frage der Frauenerwerbsarbeit während des Krieges und nachher. Berlin, Buchh. Vorwärts 1916, GVK: 410634182
  • Zietz, Luise : Willst du arm und unfrei bleiben? ein Aufruf an die Frauen des werktätigen Volkes. [Berlin], Verl.-Genossenschaft "Freiheit" , GVK: 139076697
  • Zietz, Luise : Die Unabhängige Sozialdemokratie und die Beamten. [S.l.], Zentralkomitee der USPD 1921, GVK: 410634271
  • Zietz, Luise : Die sozialdemokratischen Frauen und der Krieg. Glashütten im Taunus, Auvermann 1976, GVK: 124833691

Literatur

  • Ettrich, Hannelies : Louise Zietz eine sozialdemokratische Frauenrechtlerin. In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl, Band 9 (1991), S. 85-96, GVK: 1005173273
  • Kühne, Tobias : "Willst du arm und unfrei bleiben?" Louise Zietz (1865 - 1922). Berlin, SPD-Parteivorstand , GVK: 825935539
  • Spillner, Marina : Zietz, Luise (geb. Körner) geb. 25.3.1865 in Bargteheide; gest. 27.1.1922 in Berlin. In: Demokratische Wege: deutsche Lebensläufe aus fünf Jahrhunderten, Stuttgart: Verlag J.B. Metzler, (1997), S. 709-711, GVK: 368474526
  • Notz, Gisela : "Alle, die ihr schafft und euch mühet im Dienste anderer, seid einig!" Luise Zietz, geb. Körner ; (1865 - 1922). In: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung: JBzG, Berlin: Verl. NDZ-GmbH, , No. 2 (2003), S. 135-149, GVK: 368104869

Weitere Literatur