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Kirche Hamberge

Das Gebäude dient der evangelischen Kirchengemeinde als Gottesdienststätte.

Blick von Westen auf Glockenturm und Kirchenschiff, ca. 1970

Außenarchitektur

Die Kirche auf einem Hügel nördlich der Bundesstraße 75 ist ein über hohem Feldsteinsockel aus roten Ziegeln errichteter längsrechteckiger Saalbau mit einem Walmdach aus roten Pfannen. An der Nordostecke finden sich Reste gotischen Mauerwerks.

In der Ostwand sitzt mittig ein vermauertes Rundbogenfenster vom Ursprungsbau. Links davon zeigt über einem Sockelversprung eine alte Baunaht die spätere südliche Erweiterung an.

Im Nordwesten ist der Glockenturm mit einer kupfernen Helmpyramide angesetzt und über einen Gang mit der Kirche verbunden. Unter dessen im Süden tief herabgezogenem Dach ist der Eingang angeordnet. Ein zweites, metallenes Eingangsportal mit Oberlicht und kleinen verglasten Aussparungen ist in die hier weiß verputzte Südwand eingelassen.

Kemper-Orgel und Renaissanceleuchter, 1962

Innenarchitektur

Der geweißte Saalbau hat eine Flachdecke mit einer halbrunden Aussparung über der Orgelempore. An der Ostwand befindet sich ein gotisches, bauzeitliches Fresko mit einer Kreuzgruppe, über dem Südportal eine freigelegte Inschrift von 1723.

Der von dem Lübecker Domdekan Johann von Wickede 1721 gestiftete, barocke Kanzelaltar aus der Werkstatt des Bildhauers Hieronymus Jakob Hassenberg (Lübeck) trägt einen Sprenggiebel. Die Holzkonstruktion imitiert pastellgrauen Marmor. An den Seiten stehen die allegorischen Holzfiguren „Glaube“ und „Hoffnung“ sowie eine Stifterbüste und das Stifterwappen.

Neben dem Altar befindet sich der wohl aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. stammende Taufstein aus gotländischem Kalkstein. Über ihm hängt schwebend ein seit 1962 unbeweglicher, ca. 1,5 m langer hölzerner Taufengel von ca. 1700.

An den Wänden sind fünf um 1926 von dem Künstlerehepaar Asmus und Martha Jessen (Lübeck) individuell gestaltete Messingleuchter angebracht.

Sechs Bleiglasfenster des Lübecker Künstlers Erich Klahn tragen die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen Bürger Hamberges.

Glockenturm im Rohbau, 1958

Geschichte

Den eventuell ursprünglich als Wegekapelle errichteten Bau erhob der Lübecker Bischof Heinrich II. Bochholt um 1327/28 zur Kirche. Sie unterstand mitsamt dem Dorf bis 1804 dem Domkapitel.

Zwischen 1643 und 1656 erfolgte ein mittiger Anbau im Süden. Seit mindestens 1661 besaß die Kirche einen hölzernen Glockenturm. Den im Westen stehenden Taufstein ersetzte um 1700 ein Taufengel. Ab 1721 grundlegend instandgesetzt sowie erhöht, erhielt der Saalbau durch Erweiterung des Anbaus seine heutige Gestalt.

1744 schenkte Otto von Reventlow sen. der Kirche eine Orgel aus der Werkstatt von Christoph Erdmann Vogel (Lübeck). Ein Instrument der Firma Marcussen ersetzte sie 1866.

Im Lauf des 19. Jh. wurde das Nordportal zugemauert. Mitte der 1920er-Jahre wurde das Fresko an der Ostwand wiederentdeckt, ebenso gotische Weinrankenmalerei, die offenbar ursprünglich den gesamten Innenraum bedeckt hatte und in der Folge großflächig wiederhergestellt wurde.

Nach dem Brand des Glockenturms am 03.05.1957 errichteten die Architekten Horst Sandtmann und Friedhelm Grundmann (Hamburg) einen Neubau samt Sakristei und kleiner Vorhalle. Sie verlegten den Eingang in den Westen und ließen das Südportal zumauern. Die Gemeinde erwarb zwei Glocken der Firma Gebrüder Rincker aus Sinn (Hessen) und ein elektrisches Läutewerk. Die durch das Löschwasser beschädigte Ausmalung wurde weitestgehend weiß überdeckt, die zerstörte Orgel durch ein Instrument der Firma Kemper & Sohn (Lübeck) ersetzt und für sie eine neue Empore errichtet. Die Gemeinde erneuerte das Gestühl und beauftragte die Restaurierung von Altar und Taufengel. Im Januar 1962 erfolgte die Wiedereinweihung.

2007 wurde die Orgel aufgrund irreparabler Schäden ausgebaut und provisorisch durch eine E-Orgel ersetzt. 2006 und 2011 wurde der Altar erneut restauriert.

2013/14 leitete der Architekt Andreas Voßgrag (Lübeck) die Modernisierung der Elektrik, der Blitzschutzanlage, der Heizung sowie die Restaurierung der Glasfenster und die Entfernung des Altarsockels. Die Orgelempore erhielt eine neue Stahltreppe sowie eine Metallbrüstung, der Eingang in der Südwand wurde wieder geöffnet.

Die historischen Linden wurden aus Sicherheitsgründen gefällt und 2019 durch eine Neuanpflanzung ersetzt.

Barockaltar mit Kanzel von 1772, 1962

Bedeutung

Mit ihrer gotischen Bausubstanz und den Ausstattungsstücken verfügt die Kirche Hamberge über bedeutende historische Merkmale.

Nutzung

In der Kirche finden Gottesdienste, kirchliche Feiern sowie Konzerte statt.

Erhaltungszustand

Nach den aufwendigen Sanierungsarbeiten ist die Kirche in einem guten Zustand.

Besonderheiten

Die mennonitische Gemeinde nutzte aufgrund des Begräbnisverbots in Lübeck bis ca. 1719 den Friedhof.

1791–1799 war Georg Wilhelm Pfingsten Organist in Hamberge. Er unterrichtete im Ort gehörlose Kinder nach einer eigenen Methode.

Persönlichkeiten

Heinrich II. Bochholdt GND: 1073976165
Hieronymus Jakob Hassenberg GND: 1144744679
Johann von Wickede GND: 104568306X
Otto von Reventlow sen.
Christoph Erdmann Vogel
Georg Wilhelm Pfingsten GND: 115435565
Asmus Jessen GND: 108106268
Friedhelm Grundmann GND: 12881845X

Datierung Schutzstellung

27.03.1968

Begründung Schutzstellung

Die Kirche Hamberge ist mitsamt ihrer Ausstattung, dem Kirchhof mit den Linden, den Grabmalen bis 1870 und der Kirchhofspforte aus geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen und die Kulturlandschaft prägenden Gründen ein erhaltenswertes Kulturdenkmal.

Links

Glasfenster von Erich Klahn: www.klahn-freundeskreis.de/glasfenster-zum-gefallenengedenken (Zugriff am 12.06.2023)

14 400
Kirche Hamberge business 53.8385440000 10.5790460000

Ort

Schulstraße 1
23619 Hamberge

GPS-Standort

53° 50' 18'' N, 10° 34' 44'' O

Auftraggeber

Bischof Heinrich II. von Lübeck

Errichtungsdatum

ca. 1327/28, Erweiterungen 1643–1656, 1721

Strukturansicht

Literatur

  • Uecker, Christian : Zur Baugeschichte der Hamberger Kirche. 1999, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 18(2000), S. 9–77, GVK: 1006271848
  • Von den Anfängen bis in die Gegenwart, Hamberge und Hansfelde; Entwicklung der kleinen ehemals zum Domkapitel Lübeck gehörenden Dörfer zu einer Ortschaft; [1100–2004]. Hamberge, 2004, GVK: 472595946
  • Wergin, Joachim : Taufengel in den Stormarner Kirchen. 1999, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 18(2000), S. 56–63, GVK: 1006218157
  • Dose, Georg C. H. : Die Jessen-Leuchter in Hamberge. Hamburg, 1998, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 17(1999), S. 8–18, GVK: 1005519250

Weitere Literatur