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Karl Ballmer

Der Schweizer Maler und Publizist Karl Ballmer lebte und arbeitete 1937/38 in Glinde.

Ausbildung

Karl Ballmer besuchte die Kantonsschule Aarau (Schweiz), die er 1907 abbrach, und lernte für kurze Zeit Bauzeichner. In den folgenden Jahren besuchte er die Malschule am Kantonalen Gewerbemuseum Aarau, die Kunstgewerbeschule Basel sowie die Kunstakademie München.

1920–1922 hielt er sich in Heidenheim, München, Stuttgart und Berlin für philosophische, anthroposophische und theologische Studien auf, die er auch in Hamburg autodidaktisch fortführte.

Beruflicher Werdegang

Karl Ballmer war ab 1912 als freier Grafiker in Bern sowie bei der Graphischen Anstalt Wolfensberger in Zürich tätig. Ab 1916 arbeitete er für Presseagenturen und als Redakteur für die Neue Helvetische Gesellschaft.

1918–1920 war er an der künstlerischen Ausgestaltung und am Vortragsprogramm des von dem Anthroposophen Rudolf Steiner entworfenen ersten Goetheanums in Dornach (Schweiz) beteiligt.

Ab 1922 war Ballmer in Hamburg als Schriftsteller tätig, beriet die anthroposophische Goethe-Schule und beteiligte sich am Aufbau einer Studienbibliothek der Anthroposophischen Gesellschaft.

Ab Mitte der 1920er-Jahre betätigte er sich zunehmend als Maler. Später wechselten sich Phasen der Publizistik und Malerei ab, die Ballmer streng voneinander trennte.

Lebenslauf

Karl Ballmer wurde in Aarau geboren. Nach dem Tod des Vaters, einem Bankangestellten, betrieb die Mutter eine Pension.

Ab 1922 wohnte Ballmer mit seiner Lebensgefährtin, der Chemikerin Katharina van Cleef, in Hamburg. 1937 zog das inzwischen verheiratete Paar in die Gemeinde Glinde, wo es ein Haus gekauft und um ein Atelier erweitert hatte.

Nachdem gegen Ballmer ein Berufsverbot als Maler verhängt worden war, flohen die Eheleute im September 1938 nach Basel. In der Emigration lebten sie zunächst in prekären Verhältnissen. 1940 zogen sie ins Tessin, zunächst nach Melide, 1941 nach Lamone bei Lugano. 1956 erhielt das Ehepaar in einem Verfahren eine Entschädigung vom Land Schleswig-Holstein.

Werk/Aktivitäten

Karl Ballmer publizierte ca. ab 1917 zu anthroposophischen Fragestellungen sowie philosophischen, gesellschaftlichen, künstlerischen und architektonischen Themen.

Seine Malerei im Stil der Moderne entsprach nicht der üblichen anthroposophischen Kunst. Ab ca. 1920 schuf er zunächst Collagen und Gouachen, zunehmend Ölgemälde. Seit 1929 in Kontakt mit der Hamburger Kunstszene, nahm er bald an diversen Ausstellungen teil. Zunächst als Gast, 1932/33 als Mitglied der Künstlergruppe Hamburgische Sezession prägte er deren Stil mit der Kombination von Farbflächen, linearen, eher grafischen Elementen und fließenden Konturen.

Seine Motive waren v. a. abstrahierte Landschaften und auf wenige Elemente reduzierte Köpfe, Porträts und Selbstbildnisse sowie schemenhafte Figuren in verschiedenen wiederkehrenden Konstellationen. Für seine typischen Gliederfiguren im eher dunkeltonigen Spätwerk verwendete er ab Ende der 1940er-Jahre auch Schablonen.

Im Juni 1937 schloss die Reichskammer der bildenden Künste Ballmer aufgrund der jüdischen Abstammung seiner Ehefrau aus und erteilte ihm Berufsverbot. Bei der nationalsozialistischen Aktion „Entartete Kunst“ wurden im August 1937 neun seiner Werke aus dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg beschlagnahmt.

In der Schweiz fand er keinen Anschluss an die Kunstszene. In der Nachkriegszeit war er nochmals Mitglied der wiedergegründeten Hamburgischen Sezession, hatte aber nur noch vereinzelt Ausstellungen.

Ab den 1940er-Jahren produzierte er wieder verstärkt Aufsätze sowie v. a. Leserbriefe und stand mit Naturwissenschaftlern und Theologen in Briefwechseln. Viele Manuskripte blieben aber unveröffentlicht oder erschienen in eigens gegründeten Verlagen auch erst posthum.

Sein Nachlass befindet sich im Staatsarchiv des Kantons Aargau, in der Kantonsbibliothek Aargau sowie in der 1990 gegründeten Karl-Ballmer-Stiftung am Kunsthaus Aargau.

Bedeutung

Karl Ballmer war in den 1930er-Jahren durch häufige Ausstellungsbeteiligungen wirtschaftlich erfolgreich gewesen, bevor das Berufsverbot und die Flucht seine Karriere nahezu beendeten. In der Schweiz weitgehend unbekannt, erlangte Ballmer erst retrospektiv Aufmerksamkeit, in Deutschland verstärkt durch die Wiederentdeckung der Hamburgischen Sezession.

In anthroposophischen Kreisen blieb Ballmer ein streitbarer Außenseiter, der eine strenge Auslegung von Steiners Lehre sowie die Anbindung der Anthroposophie an wissenschaftliche und tagesaktuelle Diskussionen forderte.

Eine Analyse seiner schriftstellerischen Arbeit steht noch aus.

Besonderheiten

Der Schriftsteller Samuel Beckett nahm am 30.11.1936 am Richtfest des Glinder Ateliers teil und hielt dies in seinem Reisetagebuch fest.

Karl Ballmer nannte sein Haus in Lugano Glindinella in Erinnerung an seine Zeit in Glinde.

Ballmer stand in enger privater und geschäftlicher Beziehung mit dem Museumsdirektor und Kunsthändler Hildebrand Gurlitt und fungierte u. a. 1939 als Vermittler für den Verkauf beschlagnahmter Gemälde in die Schweiz. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieben beide freundschaftlich verbunden.

Seit 2007 befindet sich eine Informationstafel vor Ballmers ehemaligem Haus am Sandweg 8, der damaligen Dorfstraße in Glinde.

Persönlichkeiten

Hildebrand Gurlitt GND: 116930683
Samuel Beckett GND: 118508172

Links

Karl Ballmers Wohnhaus in Glinde: www.kultur-stormarn.de/stormarn-smart-entdecken/glinde/view/13 (Zugriff am 17.05.2023)

Auf Schriften Ballmers spezialisierter Verlag: www.edition-lgc.de (Zugriff am 17.05.2023)

Eintrag zu Ballmers Werk im Lexikon zur Kunst in der Schweiz: https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4023636/in/sikart (Zugriff am 15.06.2023)

Familienname

Ballmer

vollständige Vornamen

Karl

Geburtsdatum

23.02.1891

Geburtsort

Aarau (Schweiz)

Sterbedatum

07.09.1958

Sterbeort

Lugano (Schweiz)

Geschlecht

männlich

Berufe

Maler, Publizist

Ehe-/Lebenspartner

Katharina Ballmer, geb. van Cleef (1890–1970), Heirat 05.11.1936 in Hamburg

Eltern

Karl Ballmer (1858–1902); Lina Ballmer-Egloff, geb. Egloff (1866–1938)

Strukturansicht

Literatur von der Person

  • Ballmer, Karl : Deutschtum und Christentum in der Theosophie des Goetheanismus. Besazio (Schweiz), Fornasella 1995, GVK: 225246597
  • Ballmer, Karl : Das Ereignis Rudolf Steiner. Siegen, Ed. LGC 1995, In: 1928., GVK: 184683068
  • Ballmer, Karl : Aber Herr Heidegger! Zur Freiburger Rektoratsrede Martin Heideggers. Basel, Geering 1933, GVK: 442805942
  • Ballmer, Karl : Deutsche Physik – von einem Schweizer (1949/1950). Siegen, Ed. LGC 1995, GVK: 278690815
  • Ballmer, Karl : Das Goetheanum Rudolf Steiners. Besazio (Schweiz), Fornasella 1972, GVK: 1754833721

Literatur

  • Ballmer, Karl : Karl Ballmer Kopf und Herz. Zürich, Scheidegger & Spiess AG , GVK: 85995255X
  • Spallek, Johannes : Karl und Katharina Ballmer, Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. 2005, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 24(2006), S. 6–19, GVK: 527398543
  • Karl Ballmer 1891–1958, der Maler; [zur Ausstellung „Karl Ballmer, 1891–1958, der Maler“; Aargauer Kunsthaus Aarau, 27. Mai bis 12. August 1990; die Ausstellung wird anschliessend vom 14. September bis 31. Oktober 1990 im Richard-Haizmann-Museum Niebüll und im Mai/Juni 1991 im Kunstmuseum des Kantons Thurgau, Kartause Ittingen, gezeigt]. Aarau, Aargauer Kunsthaus , GVK: 160147506
  • Spallek, Johannes : Kunst im Kreis Stormarn, ein kurzer Rückblick (Teil 3). 2019, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 38(2020), S. 7–23, GVK: 1689249447
  • „Eine Revolution des Formgefühls“, Karl Ballmer – Richard Haizmann - Rolf Nesch in Hamburg; [aus Anlass der Ausstellung "Eine Revolution des Formgefühls" - Karl Ballmer - Richard Haizmann - Rolf Nesch in Hamburg, Hamburger Kunsthalle, 4. Februar bis 16. Mai 2005, Galerie 1 der Hamburger Sparkasse, 4. Februar bis 8. April 2005]. Hamburg, Hamburger Kunsthalle 2005, GVK: 478376596

Weitere Literatur