Veröffentlicht

Joachim Heinrich Campe

Joachim Heinrich Campe war einer der bedeutendsten Pädagogen und Schriftsteller der deutschen Aufklärung. Bei Hamburg und in Trittau widmete er sich für einige Jahre der Erziehung bürgerlicher Kaufmannssöhne. Außerdem wirkte er als Verleger.

Ausbildung

Nach dem Besuch der Klosterschule zu Holzminden 1760–1765 begann Joachim Heinrich Campe in Helmstedt ein Studium der Theologie, das er 1768 in Halle im Fachgebiet Philosophie abschloss.

Lebenslauf

Joachim Heinrich Campe, Sohn eines Kaufmanns, arbeitete 1769–1773 als Hauslehrer bei der Familie Alexander Georgs von Humboldt in Tegel, wo er mit den Ideen der Aufklärung vertraut wurde. 1773 heiratete er in Berlin die Tochter des Inspektors beim Arbeitshaus und war dann bis 1775 Feldgeistlicher beim Regiment des Kronprinzen in Potsdam. 1775 kehrte er nach Tegel zurück, als Privaterzieher von Wilhelm und Alexander von Humboldt. 1776 wurde Campe in Potsdam zunächst Prediger an der Heiliggeistkirche, bevor er die Leitung des Philantropinums in Dessau von dessen Gründer Johann Bernhard Basedow übernahm. Obwohl dies eine Reformschule im Geiste der Aufklärung war, verließ er die Institution bald wieder aufgrund von Differenzen über die dort angewandten Erziehungsmethoden.

1777 richtete er im Billwärder Ausschlag (Hamburger Landgebiet) am Hammerdeich eine Erziehungsanstalt für Kaufmannssöhne ein, die er in familiärer Atmosphäre unterrichtete. Außerdem war er als freier Schriftsteller bereits erfolgreich. Er verkehrte in den aufklärerischen Kreisen der Hansestadt, etwa mit den Familien Reimarus und Sieveking sowie mit Gotthold Ephraim Lessing. 1783 übergab Campe die Leitung des Instituts aus gesundheitlichen Gründen an Ernst Christian Trapp, den ersten Professor für Pädagogik in Deutschland.

Campe zog mit seiner Familie und vier Schülern in das stormarnsche Dorf Trittau. Dort kaufte er Restgebäude des ehemaligen Amtshofs, vergrößerte die Ländereien und betrieb neben seiner pädagogischen Tätigkeit eine Landwirtschaft. V. a. aber forcierte er nach dem Erfolg seines Jugendromans „Robinson der Jüngere“ (1779), einer kindgemäßen Bearbeitung des „Robinson Crusoe“ von Daniel Defoe, seine schriftstellerische Arbeit. In Trittau begann er mit der Herausgabe der 16-bändigen „Allgemeinen Revision des gesamten Schul- und Erziehungswesens“ (1784-1791), einem Hauptwerk der deutschen Aufklärungspädagogik.

1786 verkaufte Campe seinen Trittauer Wohnsitz. Er wurde von Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel als Schulrat nach Braunschweig berufen, um dort mit anderen Fachleuten das Landesschulwesen zu reformieren. Nachdem ihre Pläne an Widerständen gescheitert waren, gründete er 1787 die Braunschweigische Schulbuchhandlung und erweiterte sie zu einem erfolgreichen Verlag. Im Juli 1789 reiste er zusammen mit Wilhelm von Humboldt nach Paris, um als Sympathisant die Ereignisse der Französischen Revolution aus der Nähe zu beobachten. 1792 ernannte ihn die Erste Französische Republik zu ihrem Ehrenbürger. 1807 fungierte er als Deputierter Braunschweigs in Kassel, der Hauptstadt des von Napoleon als Vasallenstaat geschaffenen Königreichs Westphalen.

Seit Anfang der 1790er-Jahre betrieb Campe verstärkt Sprachforschung und unternahm u. a. Versuche, die deutsche Sprache von französischen Einflüssen zu reinigen, indem er rund 10.000 Fremdwörter eindeutschte. 1808 übergab er das Verlagsunternehmen an seinen Schwiegersohn Friedrich Vieweg. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in seinem Landhaus bei Braunschweig.

Bedeutung

Joachim Heinrich Campe prägte den Philantropismus und begründete mit seinem Roman „Robinson der Jüngere“ eine eigenständige Kinder- und Jugendliteratur. Mit seinem fünfbändigen Wörterbuch (1807–1811) gilt er als einer der frühesten Vertreter des sammelnden Forschens auf dem Gebiet der deutschen Sprache. Außerdem setzte er als einer der Ersten zielgerichtet das gedruckte Buch zur pädagogischen Unterweisung breiter Bevölkerungsschichten ein.

Ehrungen und Preise

1809 verlieh die Universität Helmstedt Joachim Heinrich Campe die Ehrendoktorwürde der Theologie. 1810 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt. Anlässlich des 85. Todestages errichtete die Landgemeinde Trittau 1903 einen Gedenkstein. Bis zur ihrer Schließung 2010 trug auch eine Förderschule in Trittau seinen Namen. Noch immer existiert dort eine Campestraße. Ein ehemals vor seiner Schule am Hammerdeich gesetzter Gedenkstein steht heute im Hammer Park in Hamburg.

Besonderheiten

Joachim Heinrich Campe war der Onkel von Julius Campe (1792–1876), dem Hamburger Verleger von Heinrich Heine, und August Campe (1773–1836), dem Mitgründer des Hamburger Verlags Hoffmann & Campe.

Persönlichkeiten

Johann Bernhard Basedow GND: 118653377
Julius Campe GND: 118518666
Gotthold Ephraim Lessing GND: 118572121
Alexander von Humboldt GND: 118554700
Wilhelm von Humboldt GND: 118554727
Ernst Christian Trapp GND: 118623621
Friedrich Vieweg GND: 119049546

Links

Eintrag in Deutsche Biographie: www.deutsche-biographie.de/gnd118518658.html#ndbcontent (Zugriff am 13.4.2022)

Wikipediaartikel "Joachim Heinrich Campe": https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Heinrich_Campe (Zugriff am 13.4.2022)

Familienname

Campe

vollständige Vornamen

Joachim Heinrich

Geburtsdatum

29.06.1746

Geburtsort

Deensen (heute Samtgemeinde Eschershausen-Stadtoldendorf, Niedersachsen)

Sterbedatum

22.10.1818

Sterbeort

Braunschweig

Begräbnisort

St. Magnifriedhof Braunschweig

Geschlecht

männlich

Religion

evangelisch

Berufe

Pädagoge, Verleger, Schriftsteller

Funktionen, Rang

Schulrat in Braunschweig

Ehe-/Lebenspartner

Dorothea Maria Campe, geb. Hiller (1741/43?–1827)

Kinder

Sophie Elisabeth Luise Charlotte Vieweg, geb. Campe (1774-1834)

Eltern

Burchhard Hilmar Campe (1695-1760), Anna Lucia Campe, geb. Klingemann (1711-1801)

Strukturansicht

Literatur von der Person

  • Joachim Heinrich Campe : Robinson der Jüngere, zur angenehmen und nützlichen Unterhaltung für Kinder. 2 Bde. Hamburg, Campe, Bohn 1779, GVK: 150472560
  • Joachim Heinrich Campe (Hrsg.) : Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher. 16 Teile. Hamburg u. a., Bohn u. a. 1785, GVK: 037249207
  • Joachim Heinrich Campe : Briefe aus Paris zur Zeit der Revolution geschrieben. Braunschweig, Schulbuchhandlung 1790, GVK: 137514905
  • Joachim Heinrich Campe : Wörterbuch zur Erklärung und Verdeutschung der unserer Sprache aufgedrungenen fremden Wörter. 2 Bde. Braunschweig, Schulbuchhandlung 1801, GVK: 136805590
  • Joachim Heinrich Campe (Hrsg.) : Wörterbuch der deutschen Sprache. 5 Bde. Braunschweig, Schulbuchhandlung 1807, GVK: 136805701

Literatur

  • Hanno Schmitt (Hrsg.) : Visionäre Lebensklugheit. Joachim Heinrich Campe in seiner Zeit (1746–1818). Wiesbaden, Harrassowitz 1996, GVK: 1607689014
  • Hans-Jürgen Perrey : Joachim Heinrich Campe (1746–1818). Menschenfreund – Aufklärer – Publizist.. Bremen, edition lumière 2010, GVK: 633774758
  • Cord-Friedrich Berghahn u. Imke Lang-Groth (Hrsg.) : Joachim Heinrich Campe – Dichtung, Sprache, Pädagogik und Politik zwischen Aufklärung, Revolution und Restauration.. Heidelberg, Winter 2021, GVK: 1743081065

Weitere Literatur