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Hermann Claudius

Der Schriftsteller Hermann Claudius lebte 20 Jahre lang in der Gemeinde Grönwohld.

Ausbildung

Hermann Claudius besuchte in Hamburg-Eimsbüttel nach der Volksschule die Selekta, eine Abschlussklasse für Begabte. 1894-1897 absolvierte er eine Lehrerausbildung an der Präparandenanstalt ABC-Straße in der Hamburger Neustadt sowie bis 1900 am Lehrerseminar im Hamburger Grindelviertel. Seine Zweite Lehrerprüfung legte er 1903 ab.

Beruflicher Werdegang

Im April 1900 trat Hermann Claudius eine Stelle als Lehrer an der Schule Hopfenstraße (Hamburg-St. Pauli) an. Ab 1909 war er an zehn weiteren Schulen tätig und gab nach dem Ersten Weltkrieg auch Abendkurse an der Hamburger Volkshochschule zu niederdeutscher Literatur. Nach einem Motorradunfall 1933 wurde er wegen einer Hörschädigung ein folgenden Jahr frühpensioniert und arbeitete nur noch als Schriftsteller.

Wohnhaus von Gisela und Hermann Claudius in Grönwohld, 1984

Lebenslauf

Hermann Claudius, ein Urenkel des Dichters Matthias Claudius, wurde als Sohn eines Bahnmeisters in Langenfelde (heute Hamburg) geboren. Um 1881 zog die Familie nach Eidelstedt (heute Hamburg), 1885 nach Hamburg-Eimsbüttel. 1904 heiratete Claudius Franziska Blaschka.

Im Ersten Weltkrieg wurde er, unterbrochen von Einsätzen im Schuldienst, 1917/18 an der Westfront in Frankreich in der Schreibstube eingesetzt. Ab 1940 lebte die Familie in Hamburg-Hummelsbüttel. Nach dem Tod seiner Ehefrau heiratete Claudius 1944 Gisela von Voigt, deren Eltern in Hamburg-Wandsbek die Claudius-Buchhandlung betrieben hatten. 1960 zog das Ehepaar in die Gemeinde Grönwohld.

Stele mit Gedichtzeile auf dem Grab von Hermann Claudius, 1988

Werk/Aktivitäten

Ab 1905 veröffentlichte Hermann Claudius Gedichte, Aufsätze, Besprechungen und kurze Erzählungen in Zeitungen und Zeitschriften. In der „Hamburger Neuen Zeitung“ verfasste er 1909-1912 eine niederdeutsche Kolumne zu Tagesereignissen. 1912 erschien die erste Gedichtsammlung „Mank Muern“.

Insgesamt verfasste er mehr als 3.000 Gedichte, die später großteils vertont wurden. Neben Erzählungen, oft Kindheitserinnerungen, schrieb er Kinderreime, Theaterstücke, Romane und Hörspiele. Etwa ein Drittel seines Werks besteht aus niederdeutschen Texten.

In seinen frühen, teils sozialkritischen Gedichten setzte er sich mit beengten großstädtischen Wohn- und prekären Arbeitsverhältnissen auseinander. Im Ersten Weltkrieg verfasste er anfangs euphorische, zu Kriegsende ernüchterte Gedichte.

Als langjähriges SPD-Mitglied sprach er sich zunächst für Demokratie, Gewaltfreiheit und – stets geprägt vom Christentum – eine universelle Menschheit aus. Während der NS-Zeit wurden seine Schriften von nationalsozialistischen Medien und Verlagen gefördert. Im Oktober 1933 unterzeichnete er das „Gelöbnis treuster Gefolgschaft für Adolf Hitler“ sowie einen Aufruf zum Austritt aus dem Völkerbund. Claudius war Vorstandsmitglied des Eutiner Dichterkreises und nahm an den vom völkisch orientierten Schriftsteller Hans Grimm, mit dem er seit dem Ersten Weltkrieg befreundet war, organisierten Lippoldsberger Dichtertagen sowie Kulturveranstaltungen der NSDAP teil. Auch absolvierte er von der Reichskulturkammer organisierte internationale Lesereisen. In seinen Gedichten widmete er sich der Natur und der Rückbindung jeglicher Herrschaft an Gott, verfasste aber auch Gedichte im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie, sowie „Deutscher Spruch“, eine Art Gebet für Adolf Hitler.

In der Nachkriegszeit hielt Claudius weiterhin Lesungen ab. Seine Texte thematisierten u. a. Natur, Freunde und Familie, den Jahreslauf sowie die Stormarner Landschaft.

Bedeutung

Hermann Claudius gilt als zentraler Vertreter der zweiten Generation niederdeutscher Schriftsteller und Lyriker, der durch realitätsnahe Betrachtung von Großstadtleben und Arbeit sowie seinen teils expressionistischen Stil die Literatur weiterentwickelte.

Claudius richtete einen Teil seines Werkes an der Ideologie des Nationalsozialismus aus und profitierte von der NS-Kulturförderung. Entsprechend galt er nach 1945 als politisch vorbelastet. Inwieweit diesem Engagement eigene Überzeugungen oder beruflicher Opportunismus zugrunde lagen, wird heute unterschiedlich beurteilt.

Ehrenämter

Vorstand Nordwestgau des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller ca. 1931

Ehrungen und Preise

1933 Mitgliedschaft in der Deutschen Akademie der Dichtung
1937 Preis der Gesellschaft der Bücherfreunde zu Chemnitz
1941 Klaus-Groth-Preis
1942 Lessing-Preis der Stadt Hamburg
1943 Mecklenburgischer Schrifttumspreis
1955 Ehrenmitglied des Alstervereins
1956 Klaus-Groth-Preis
1958 Lornsen-Kette des Schleswig-Holsteinischen Heimatbunds
1958 Universitätsmedaille der Christian-Albrechts-Universität Kiel
1966 Ehrenmitglied der Josef-Weinheber-Gesellschaft Wien
1976 Ehrenmitglied der Vereinigung Quickborn
1978 Ehrenmitglied des Heimatbunds Niedersachsen

Hermann-Claudius-Weg in Grönwohld (seit 1968), sowie in Hemer-Stübecken (Nordrhein-Westfalen) und Rohrsen (Niedersachsen)

Hermann-Claudius-Straße in Heide sowie in Kropp (Kreis Schleswig-Flensburg)
Hermann-Claudius-Grundschule Wasbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde)
1956-2016: Hermann-Claudius-Hauptschule Marl (Nordrhein-Westfalen)

Besonderheiten

Hermann Claudius' Geburtsurkunde ist auf den 24.10.1878 datiert, da sein Vater die Geburt zu spät auf dem Standesamt anzeigte und ein Bußgeld vermeiden wollte.

Claudius' vertontes Gedicht „Wann wir schreiten Seit an Seit“ wurde von der internationalen sozialistischen Jugendbewegung gesungen, ebenso von den Nationalsozialisten, in der DDR und nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach auf SPD-Parteitagen.

Claudius verfasste mehrere Gedichte sowie 1937/38 eine Biographie über seinen Urgroßvater Matthias Claudius.

Das Dorfmuseum Hoisdorf zeigt in einer Hermann-Claudius-Stube Dokumente und Mobiliar seines Arbeitszimmers sowie seine vom Bad Segeberger Bildhauers Otto Flath geschaffene Büste.

Persönlichkeiten

Matthias Claudius GND: 118521098
Hans Grimm GND: 118542249
Otto Flath GND: 118533703

Links

Website zu Hermann Claudius: www.hermann-claudius.de (Zugriff am 03.07.2022)

Website zu Claudius religiös geprägten Gedichten in der NS-Zeit: http://gedichte.wolfgangfenske.de/hermann-claudius-1878-1980/ (Zugriff am 24.07.2022)

Familienname

Claudius

vollständige Vornamen

August Hermann

Rufname

Hermann

Geburtsdatum

19.10.1878

Geburtsort

Langenfelde (heute Hamburg)

Sterbedatum

08.09.1980

Sterbeort

Hamburg

Begräbnisort

Lütjensee

Geschlecht

männlich

Religion

evangelisch

Berufe

Lehrer, Schriftsteller

Ehe-/Lebenspartner

1. Ehe: Elise Helene Franziska Claudius, geb. Blaschka (1880-1941), 2. Ehe: Gertrud Maria Gisela Claudius, geb. von Voigt (1915-2010)

Kinder

vier Töchter

Eltern

Hermann August Claudius (1825-1901), Ida Louise Wilhelmine Cornelia Claudius, geb. Francke (1856-1947)

Strukturansicht

Literatur von der Person

  • Claudius, Hermann : Hörst du nicht den Eisenschritt Zeitgedichte. Hamburg, Alfred Janssen 1914, GVK: 319221601
  • Claudius, Hermann : Armantje Geschichten aus meiner Kindheit. München, Langen, Müller 1935, GVK: 134328078
  • Claudius, Hermann : Zuhause neue Gedichte. München, Langen, Müller 1940, GVK: 195344774
  • Claudius, Hermann : Grönwohld niege Gedichten mit Biller vun egen Hand. Hamburg-Wellingsbüttel, Verlag der Fehrs-Gilde 1963, GVK: 175764506
  • Claudius, Hermann : Unkruut Riemels ; plattdeutsche Gedichte aus dem Nachlass. Neumünster, Wachholtz 2000, GVK: 313549737

Literatur

  • Stuhlmann, Andreas : Hermann Claudius zwischen Anpassung und Opportunismus. 2012, In: Das literarische Feld in Hamburg 1933 - 1945, Hamburg: Kovac, 2012, (2012), Seite 227-246, GVK: 73186462X
  • Schuppenhauer, Claus : Hermann Claudius über einen großen plattdeutschen Lyriker. 1999, In: Quickborn, Hamburg: Quickborn-Verl., 1907, 89(1999), 3, Seite 28-64, GVK: 336621825
  • Dohnke, Kay : "Ik stäk dei Fahn ut" Verhaltensweisen niederdeutscher Schriftsteller im Nationalsozialismus. Hildesheim, 1994, In: Niederdeutsch im Nationalsozialismus, Hildesheim [u.a.]: Olms, 1994, (1994), Seite 283-341, GVK: 352915331
  • Stokes, Lawrence D. : Der Eutiner Dichterkreis und der Nationalsozialismus 1936 - 1945 eine Dokumentation. Neumünster, Wachholtz 2001, GVK: 336006276
  • Wergin, Joachim : Matthias Claudius und sein Urenkel Hermann Claudius ein Vergleich und eine Betrachtung. 2015, In: 2015, 34(2016), Seite 86-92, GVK: 84118531X

Weitere Literatur