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Hamburger Aufstand in Stormarn

Beim Hamburger Aufstand von 1923 handelte es sich um eine bewaffnete Revolte in Hamburg und Teilen des Umlandes. Im Kreis Stormarn waren u. a. Schiffbek, Bramfeld und Bargteheide betroffen.

Ursachen und Vorgeschichte

Hintergrund für den Aufstand war die allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise infolge der 1922 einsetzenden, rasch steigenden Inflation in Deutschland. Mit der Geldentwertung gingen Versorgungsengpässe für die Bevölkerung einher, in deren Folge es zu politischen Unruhen kam. Die KPD konnte in diesem politischen Klima Teile der arbeitenden Klasse für sich gewinnen. Diese sollte durch den von der KPD und der Kommunistischen Internationalen geplanten Aufstand und einem damit verbundenen Generalstreik mobilisiert werden. Ziel war ein kommunistischer Umsturz nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution von 1917. Zu den Initiierenden zählten verschiedene KPD-Politiker:innen, darunter Ernst Thälmann und Hugo Urbahns aus Hamburg sowie der Parteileiter der deutschen KPD, Heinrich Brandler. Der geplante Generalstreik scheiterte jedoch, da die SPD die erhoffte Unterstützung versagte. Daher blieb die Revolte ohne ausreichende strategische Vorbereitung und letztlich auf den Raum Hamburg beschränkt. Im Vorfeld des Aufstands wurde über Hamburg und Teile des Umlands der Ausnahmezustand verhängt. Die Hamburger KPD-Führer Thälmann und Urbahns hatten für den Aufstand zwar politisch mobilisiert, nahmen aber nicht aktiv daran teil.

Verlauf und Akteure

Am Vormittag des 23.10.1923 überfielen Aufständische mehrere Polizeireviere in Hamburg, Altona, Wandsbek, Bramfeld und Schiffbek, um sich zu bewaffnen. Anschließend kam es an mehreren Orten zu Straßenkämpfen zwischen den mehr als 1.000 Aufständischen und der kasernierten Hamburger Ordnungspolizei. Hauptschauplätze waren kommunistische Kerngebiete wie Hamburg-Barmbek und Schiffbek in Stormarn, daneben Altona und Hamburg-Eimsbüttel. In der Landgemeinde Bargteheide wurde am 23.10.1923 der Amts- und Gemeindevorsteher Hans Wuth entwaffnet und kurzzeitig eine Sowjetrepublik Stormarn ausgerufen, die allerdings noch am selben Tag niedergeschlagen wurde. In den Landgemeinden Alt-Rahlstedt, Ahrensburg und der Stadt Bad Oldesloe wurde ohne Erfolg versucht, den Straßen- und Eisenbahnverkehr zu unterbrechen. Der Aufstand und die Kämpfe mit der Polizei wurden von Vertreter:innen der KPD-Basis wie Hans Kippenberger in Barmbek und Fritz Schulze in Schiffbek organisiert. Die Auseinandersetzungen dauerten bis zum 24.10.1923 an. Am darauffolgenden Tag kam es lediglich in Wandsbek und Bramfeld noch zu einzelnen Kämpfen. Auf Seiten der Aufständischen verloren 24 Menschen ihr Leben, auf Seiten der Polizei 17 sowie mindestens 61 Zivilist:innen. Über 300 Menschen wurden verletzt.

Die Hamburger Ordnungspolizei musste bei der Niederschlagung des Aufstandes weitgehend allein agieren, da ortsnahe Reichswehr-Einheiten zuvor nach Sachsen abgezogen worden waren, um dem dort geplanten Generalstreik entgegenzuwirken. Im Kontext des Aufstandes konnte sich der Hamburger Sozialdemokrat Lothar Danner, der erst zu Beginn der Kämpfe ins Amt berufen worden war, als Leiter der kasernierten Ordnungspolizei profilieren.

Folgewirkungen und heutige Bedeutung

Nach dem Niederschlagen der Revolte wurden rund 1.400 Aufständische angeklagt und rund 300 Personen verurteilt, später jedoch teilweise amnestiert. Schulze emigrierte zunächst nach Chile und 1926 in die Sowjetunion. Kippenberger floh für einige Monate in die Sowjetunion und lebte anschließend mehrere Jahre illegal in Deutschland. Im weiteren Verlauf der Weimarer Republik verschlechterten sich die politischen Beziehungen zwischen der SPD und der KPD.

Historisch wird die Bedeutung des Aufstandes unterschiedlich bewertet. In der Geschichtsschreibung der DDR wurde die Rolle von Thälmann überzogen dargestellt. Allgemein wird der Aufstand aber wegen fehlender Unterstützung von SPD und Gewerkschaften einerseits sowie mangelnder Ausrüstung der Aufständischen andererseits als aussichtsloses, räumlich isoliertes Geschehen bewertet.

Besonderheiten

Im Kontext des Aufstandes gab es politische Auseinandersetzungen innerhalb der KPD zwischen dem linken Flügel Thälmanns und dem rechten Flügel unter Heinrich Brandler. Nach dem erfolglosen Aufstand setzte sich der linke Parteiflügel dank sowjetischer Unterstützung unter Stalins Führung durch. Brandler gründete in den folgenden Jahren die Kommunistische Partei Opposition als Abspaltung der Partei.

Persönlichkeiten

Ernst Thälmann GND: 118621505
Heinrich Brandler GND: 118514350
Hugo Urbahns GND: 126324743
Hans Kippenberger GND: 119367432
Fritz Schulze GND: 128735201
Lothar Danner GND: 1014458307
Josif Stalin GND: 118642499

Beginn

23.10.1923

Ende

25.10.1923

Orte

Hamburg, Altona, Wandsbek, Schiffbek, Bramfeld, Bargteheide, Alt-Rahlstedt, Bad Oldesloe

Strukturansicht

Literatur

  • Perrey, Hans-Jürgen : Stormarns preußische Jahre: die Geschichte des Kreises von 1867 bis 1946/47. Neumünster, Wachholtz 1993, GVK: 152680373
  • Paschen, Joachim : Wenn Hamburg brennt, brennt die Welt: der kommunistische Griff nach der Macht im Oktober 1923. Frankfurt am Main, Lang 2010, GVK: 632504749
  • Voss-Louis, Angelika : Vom Hamburger Aufstand zur politischen Isolierung kommunistische Politik: 1923-1933 in Hamburg und im Deutschen Reich. Hamburg, Landeszentrale für Politische Bildung 1983, GVK: 040434796
  • Der Hamburger Aufstand 1923 Verlauf - Mythos - Lehren. Hamburg, Verein zur Förderung Antifaschistischer Kultur und Kommunikation 2003, GVK: 363212434
  • Biester, Louis : Der Kommunistenputsch 1923. 1985, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 3(1985), Seite 73-76, GVK: 1004761805

Weitere Literatur