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Oldesloer Stadtbrand

Der Oldesloer Stadtbrand von 1798 zählt zu den verheerendsten Katastrophen in der Geschichte der Stadt.

Ursachen und Vorgeschichte

1742 forderte Christian VI. von Dänemark von jeder Stadt die Aufstellung einer Brandordnung, die der Oldesloer Magistrat jedoch erst am 06.07.1746 erließ. Die geplanten Maßnahmen zur Brandverhütung, z. B. regelmäßige Inspektionen der Häuser, und Brandbekämpfung sowie die Einrichtung einer Feuerversicherungskasse stießen wegen der damit verbundenen Kosten in der Bürgerschaft auf Widerstände. Erst ab 1772 erfolgten die vorgesehenen Inspektionen. In den Folgejahren stellte die Prüfkommission regelmäßig Mängel fest.

1779 wurden die Löschausrüstung erweitert und Einsatzpläne für den Feuerlöschdienst aufgestellt. Berichte des Magistrats bescheinigten 1779 und 1795 einen grundsätzlich guten Zustand des Brandschutzes.

Die Ausbreitung des Stadtbrandes 1798 begünstigten mehrere Faktoren. Dazu zählte die enge Bebauung mit schwer zugänglichen Hintergebäuden. Auch besaßen zahlreiche Häuser offene Herde und hölzerne Rauchfänge, Dachpfannen lagen in Strohdocken, die Gefache waren mit Reisiggeflecht gefüllt. Auf den Dachböden lagerte leicht brennbares Material, z. B. Stroh.

Verlauf und Akteure

Der Oldesloer Stadtbrand brach am 22.05.1798 gegen 14 Uhr in der Branntwein-Brennerei des Gasthauses „Stadt Kopenhagen“ an der Ecke Mühlenstraße/Heiligengeiststraße aus. Obwohl der Brandherd dicht an der Trave lag und durch Glockengeläut alarmierte Bürger mittels Eimerketten Löschversuche unternahmen, breitete sich das Feuer durch den Ostwind und die vorangegangene Dürreperiode v. a. über die Dächer schnell aus. Die Reichweite von Leitern und Löschspritzen erwies sich als zu gering, hinzu kamen Probleme bei der Koordinierung der Löschmaßnahmen. Um eine Ausbreitung auf das Besttorquartier mit der Kirche zu verhindern, wurden Häuser niedergerissen. Nach ca. sechs Stunden war der Brand gelöscht. Mehrtägige Feuerwachen verhinderten ein Wiederaufflammen der glimmenden Trümmer.

Der Brand zerstörte ca. 80 % der Gebäude und betraf drei der vier Stadtquartiere. Insgesamt wurden ca. 470 Gebäude zerstört, darunter das Rathaus, die Apotheke, drei Schulen, das St.-Jürgen-Hospital, die Kornmühle, das Postgebäude, das Hamburger Tor, ca. 150 Wohnhäuser sowie diverse Buden und Hintergebäude. Neben dem immensen Sachschaden verendeten auch Tiere im Brand.

Am 25.05.1798 trat der Magistrat mit abgeordneten Bürgern zur Koordinierung der Maßnahmen nach dem Brand zusammen. Die ersten Aktivitäten betrafen die Unterbringung der obdachlosen Bürger und die Lebensmittelversorgung mit Sachspenden, z. B. aus der Stadt Lübeck oder vom Gut Fresenburg. Mit Unterstützung der umliegenden Güter begann der Abtransport von Schutt.

Entwurf für den Rathausneubau von Christian Frederik Hansen, 1806

Folgewirkungen und heutige Bedeutung

Für den Wiederaufbau stellte die königliche Regierung in Kopenhagen Material wie z. B. Kalk zur Verfügung, verzichtete auf Zölle und spendete 20.000 Reichstaler. Zusätzlich rief sie am 02.06.1798 zu einer Kirchenkollekte und Haussammlung in den Herzogtümern Schleswig und Holstein auf, was weitere 20.400 Reichstaler einbrachte. Der Oldesloer Magistrat lieferte für den Wiederaufbau Holz aus dem Forst Kneeden und richtete Ziegeleien sowie Steinbrennereien ein. Eine Kommission, besetzt u. a. mit Bürgermeister Christian August Noodt, Pastor Heinrich Wolf sowie Ratsverwandten und Bürgern, regelte die Verteilung von Geldern. Die Brandkassen deckten nur einen Teil der Schäden.

Am 02.06.1798 berief die Deutsche Kanzlei zur Planung des Wiederaufbaus eine Baukommission mit Noodt, dem Reinfelder Amtsverwalter Zacharias Hasselmann sowie dem holsteinischen Landbaumeister Christian Frederik Hansen ein. Ziel war eine Modernisierung der Stadtanlage unter Aspekten von Zweckmäßigkeit, z. B. hinsichtlich der Straßenbreite und des Brandschutzes. Durch die Begradigung von Straßenfluchten, die Vergrößerung des Marktplatzes und Verbreiterung der wichtigsten Straßen veränderte sich der mittelalterliche, vom Verlauf der Trave bestimmte Stadtgrundriss. Da dies z. T. einen neuen Grundstückszuschnitt erforderte, erhielten Bürger, die auf Flächen verzichteten oder vor den Stadttoren neu bauten, Entschädigungszahlungen.

Ein Regulativ vom 05.07.1798 legte in 18 Punkten die erlaubten Materialien und Bauweisen fest und forderte die Genehmigung aller Baupläne durch die Kommission. Über diese Vorgaben sowie die Kriterien und Dauer der Spendenverteilung kam es zu Konflikten mit der Bürgerschaft. Da Hansen und Hasselmann nicht ständig vor Ort waren, übernahmen Friedrich August Lorentzen als Ratsverwandter sowie ein Bürger die Bauaufsicht.

Im Mai 1799 waren bereits ca. 75 % der Gebäude wieder errichtet. Öffentliche Bauten wie Schulen und Hospital wurden erst später fertiggestellt. Nach Bauplänen von Hansen wurden z. B. die Kornmühle, das Wacht-, Waage- und Spritzenhaus, das Haus des Bürgermeisters sowie an neuer Stelle das Rathaus errichtet.

Da Hansen den klassizistischen Stil mit weiß verputzten Fassaden bevorzugte, veränderte sich das bisher von Fachwerk geprägte Stadtbild. Insgesamt beschleunigte der Brand die Modernisierung Oldesloes zu einer Stadt, die sich über ihren mittelalterlichen Kern ausdehnte und nun über innovative Brandvorsorge bzw. -schutz verfügte. Unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen erfolgte ab den 1810er-Jahren der Ausbau Oldesloes zum Bade- und Kurort.

Besonderheiten

Der Aufbauplan von Christian Frederik Hansen hat sich im Stadtarchiv Bad Oldesloe erhalten.

Persönlichkeiten

Christian August Noodt GND: 117054291
Zacharias Hasselmann
Christian Frederik Hansen GND: 11854571X
Friedrich August Lorenzen GND: 1055258779
Christian VI. von Dänemark GND: 11897436X

Beginn

22.05.1798

Ende

22.05.1798

Orte

Bad Oldesloe

Strukturansicht

Literatur

  • Zander, Sylvina : „Daß Unglück so meine arme Vaterstadt und mir betroffen hat, ist groß...“, der Oldesloer Stadtbrand vom 22. Mai 1798. 2010, In: Katastrophen in Norddeutschland, Neumünster: Wachholtz-Verl., 2010, (2010), S. 107–118, GVK: 1009331175
  • Lebius, Annemarie : Die ganze Stadt ein Schutthaufen. 1984, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 2(1984), S. 100–108, GVK: 1004758073
  • Zander, Sylvina : „Ach Gott, tu Feuer aus!“ Brände und Brandverhütung in Oldesloe im 18. Jahrhundert. 1998, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 17(1999), S. 96–108, GVK: 1005519951
  • Zander, Sylvina : Der Wiederaufbau Oldesloes nach dem großen Stadtbrand vom 22. Mai 1798, eine Katastrophe als Chance. 2010, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn ..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 29(2011), S. 36–42, GVK: 1006681655
  • Blanck, Bernd Arnold : Christian Frederik Hansen, 1756 bis 1845, Zeugnisse seines Wirkens in Oldesloe. Beitrag zur Tagung der Akademie Sankelmark, C. F. Hansen – Baumeister des Klassizismus. 1996, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn..., Großhansdorf: ProFunda-Verl., 1983, 15(1997), S. 57–69, GVK: 1005323445

Weitere Literatur