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Johann Heinrich Ludwig Flögel

Der Jurist und Naturforscher Johann Heinrich Flögel war ein Pionier auf dem Gebiet der Neurobiologie.

Ausbildung

Johann Heinrich Flögel besuchte die Elementar- und Gelehrtenschule in Glückstadt, danach Schulen in Reinfeld, Westerau, Reinbek und Glinde. 1849 trat er als Volontär in die Verwaltung des Amtes Reinbek ein. 1861-1864 studierte er Jura an der Universität Kiel.

Beruflicher Werdegang

Im Amt Reinbek war Johann Heinrich Flögel als Schreiber und Vertreter des Vorstands tätig. 1865 trat er in die K. K. Österreichische und Königlich Preußische Zivilbehörde im Herzogtum Schleswig in Flensburg ein, wo er als Oberfinanzbuchhalter arbeitete. Ab 1867 setzte er seine Tätigkeit bei der Preußischen Provinzialregierung in Kiel fort und wurde kurze Zeit später Bürochef bei der Rechnungskommission in Schleswig. 1871 übernahm er das Amt des Kirchspielvogts in Kiel und fungierte dort zudem als Rechnungsprüfer der "Grossfürstlichen Wittwen- und Waisenkasse". 1875-1889 war er Kirchspielvogt in Bramstedt.

Lebenslauf

Johann Heinrich Flögels Vater war seit 1823 Diener des Zollinspektors in Glückstadt. Seit 1843 wechselte die Familie häufig den Wohnort. Flögel befasste sich schon in seiner Jugend mit Astronomie, Meteorologie und Technik, verzeichnete u. a. die täglichen Auf- und Untergangszeiten der Sonne und beschrieb 1852 das Phänomen eines Nordlichtes und eines großen Hagelwetters. 1858 und 1861 stellte er Berechnungen zu Kometenerscheinungen an. Er berichtete über die Saline in Oldesloe, die erste Nähmaschine in Reinbek und zeichnete Skizzen für einen Flugapparat. Seit 1856 besaß er ein Mikroskop, mit dem er Kieselalgen, Hagelkörner, Muskeln von Milben und Insektengehirne untersuchte, die er auch fotografierte. Neben seinem Dienst in der Verwaltung veröffentlichte er seit 1869 wissenschaftliche Artikel und hielt Vorträge auf Fachkonferenzen, u. a. auf den Versammlungen der „Deutschen Naturforscher und Aerzte“.

In seinem Amt in Bramstedt lernte er auch den Kirchspielvogt von Kellinghusen und Dichter Detlev von Liliencron kennen, dem er Einblick in seine naturkundlichen Studien gewährte. Dieser schickte ihm Asche des Vulkans Anak Krakatau (Sundastraße, Indonesien), die ein Kieler Schiff 1884 von einer Weltreise mitgebracht hatte, zur Untersuchung.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst wohnte Flögel vorübergehend in Wedel, Rissen und Alt-Rahlstedt. 1892 heiratete er Elise Maria Amanda Löwe und zog mit ihr nach Ahrensburg, wo sie ein Haus bauen ließen. Das Paar hatte zwei Kinder. Bis zu seinem Tod 1918 war Flögel in Ahrensburg als Privatgelehrter tätig.

Bedeutung

Johann Heinrich Flögel gilt als Pionier der Neurobiologie. Er hinterließ zahlreiche Aufzeichnungen zur Astronomie, Meteorologie, Technik und Geomagnetik, außerdem Insektenpräparate und Pflanzensammlungen. Seine Insektenbeobachtungen am Mikroskop waren bahnbrechend. Er entdeckte u. a. sieben neue Arten von Gallmilben. Als Erster entwickelte er ein Verfahren für Schnittserien durch Präparate und dokumentierte die Beobachtungen von Insektengehirnen durch Mikrofotografien, die auch international in der Forschung Beachtung fanden. Für die verschiedenen Hirnregionen schuf er erstmals eigene Bezeichnungen. 1879 fertigte er Fotografien von Schneekristallen an, die heute als die weltweit ältesten gelten.

Ehrungen und Preise

Wegen seiner Verdienste auf dem Gebiet der Naturwissenschaften wurde Johann Heinrich Flögel am 19.06.1875 von der Philosophischen Fakultät in Kiel zum Dr. h. c. promoviert. 1885 nahm ihn die Royal Microscopical Society London als Ehrenmitglied auf. 1904 erhielt er für seine Arbeit "Monographie der Johannisbeeren-Blattlaus Aphis ribis L." den Preis der Entomologischen Gesellschaft Husum.

Besonderheiten

Der Schriftsteller Detlev von Liliencron porträtierte Flögel in der Erzählung "Die Mergelgrube" (1888) als Doktor Högel, "den berühmten Mikroskopiker". Im autobiografischen Roman "Leben und Lüge" (1908) schildert Liliencron seine erstmalige Beobachtung des Sterns Aldebaran durch Johann Heinrich Flögels Fernglas, die als Vorbild für sein Gedicht "Auf dem Aldebaran" (1890) diente.

Persönlichkeiten

Detlev von Liliencron GND: 118572954

Links

Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1866 bis 1883. Ges u. hg. von Eduard Albert. Bd. 1. Kiel 1885, S. 184: https://archive.org/details/lexikonderschle01albegoog/page/n199/mode/2up (Zugriff am 01.05.2022)

Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck: https://files.wachholtz-verlag.de/openaccess/9783529025624.pdf (Zugriff am 01.05.2022)

Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Heinrich_Ludwig_Flögel (Zugriff am 01.05.2022)

Familienname

Flögel

vollständige Vornamen

Johann Heinrich Ludwig

Rufname

Johann Heinrich

Geburtsdatum

10.06.1834

Geburtsort

Glückstadt

Sterbedatum

25.01.1918

Sterbeort

Ahrensburg

Begräbnisort

Evangelischer Friedhof Ahrensburg, Grab aufgelöst

Geschlecht

männlich

Religion

evangelisch

Berufe

Verwaltungsbeamter, Naturforscher

Funktionen, Rang

Rechnungsprüfer der Grossfürstlichen Wittwen- und Waisenkasse

Ehe-/Lebenspartner

Elise Maria Amanda Flögel, geb. Löwe (1857–1941)

Kinder

eine Tochter und ein Sohn

Eltern

Johann Hinrich Flögel, (1787–unbekannt); Johanna Christina Flögel, geb. Rathje (Rathgens)(1809–unbekannt)

Strukturansicht

Literatur von der Person

  • Johann Heinrich Ludwig Flögel : Ueber die mikroskopische Structur der Hagelkörner. Leipzig, Verlag von Johann Ambrosius Barth 1872, In: Annalen der Physik und Chemie, 5. Reihe, Bd. 149, S. 482–486, GVK: 583572405
  • Johann Heinrich Ludwig Flögel : Ueber den feineren Bau des Arthropodengehirns. Hamburg, Friedrichsen 1876, In: Tageblatt der Deutschen Naturforscher und Aerzte, 49. Versammlung, S. 115–120, GVK: 179486430X
  • Johann Heinrich Ludwig Flögel : Ueber den einheitlichen Bau des Gehirns in den verschiedenen Insecten-Ordnungen (I). Leipzig, Engelmann 1878, In: Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie Bd. 30, S. 556–592, DNB: 011139633
  • Johann Heinrich Ludwig Flögel : Monographie der Johannisbeeren-Blattlaus, Aphis ribis L.. Neudamm, Neumann 1904, In: Allgemeine Zeitschrift für Entomologie, Bd. 9, S. 321–334, 375–382., GVK: 1755582110
  • Johann Heinrich Ludwig Flögel : Monographie der Johannisbeeren-Blattlaus, Aphis ribis L. [Fortsetzung]. Husum, Pehrsen 1905, In: Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie, Bd. 1, S. 49–63, 97–106, 145–155, 209–215, 233–237, GVK: 129473626

Literatur

  • Bernd Reher : Johann Heinrich Ludwig Flögel (1834–1918). Großhansdorf, Profunda 2019, In: Jahrbuch für den Kreis Stormarn 37, S. 153–158, GVK: 1756500479
  • Nicholas J. Strausfeld, Ernst-August Seyfarth : Johann Flögel (1834–1918) and the birth of comparative insect neuroanatomy and brain nomenclature. Amsterdam, Elsevier Science 2008, In: Arthropod Structure & Development 37, H. 5, S. 434–441, GVK: 320412539
  • Herbert Weidner : Flögel, Johann Heinrich Ludwig. Neumünster, Wachholtz 1971, In: Schleswig-holsteinisches biographisches Lexikon, Bd. 2, GVK: 657489972

Weitere Literatur